Yogastile: Yin Yoga vs. Vinyasa Yoga

Yin Yoga vs. Vinyasa Yoga

Erlebten in der Vergangenheit vor allem die kraftvollen, dynamischen Yogastile wie Ashtanga oder Vinyasa Flow hierzulande einen Boom, findet in letzter Zeit auch das ruhigere, eher passive Yin Yoga mehr und mehr Anhänger. Doch was genau ist Yin Yoga überhaupt, wie wird es praktiziert und für wen ist es geeignet? Yoga-Teacher Felicitas Brozio findet Antworten im Vergleich von Vinyasa Yoga zum Yin Yoga.

Übungspraxis von Yin Yoga und Vinyasa: Passiv vs. Aktiv

Die Yin Yoga Asana: "Das Kind"

Im Vinyasa Yoga fließen wir dynamisch und kraftvoll von Asana zu Asana. Im Yin Yoga dagegen verweilen wir viel länger in den einzelnen Stellungen – und das mit möglichst wenig Muskelkraft. Im Gegensatz zum aktiven Vinyasa Yoga geht es beim Yin Yoga also darum, loszulassen und sich den einzelnen Asanas vollkommen hinzugeben.

Im Yin Yoga wird nach drei Prinzipien/Grundsätzen geübt. Als erstes findest du deine Position und deine persönliche Grenze im Asana, sprich: die Balance zwischen zu viel und zu wenig. Es geht darum, den Blick nach innen und nicht auf die benachbarten Matten zu richten. Das gilt zwar auch für alle anderen Yoga-Stile, fällt im Yin Yoga jedoch den meisten leichter, weil wir die Augen oft geschlossen haben.

Im zweiten Schritt wirst du im Yin Yoga still und lässt nach und nach muskulär mehr los. Besonders nach einem hektischen Tag ist das nicht immer einfach, weil wir oft noch Restspannung im Körper tragen. Aber gerade dann ist dieser ruhige Yoga-Stil besonders empfehlenswert. Die Yin Yoga Praxis schult die Achtsamkeit und lehrt uns, auch im Alltag immer wieder bewusst loszulassen.

Der letzte Grundsatz des Yin Yoga ist das Verweilen. Um den Körper tiefgehend zu stimulieren, bleibst du zwischen drei und fünf Minuten in dem jeweiligen Asana. Falls dir das am Anfang zu lange ist, kannst du auch erst mal mit einer Minute beginnen und dich dann steigern. Dabei wird die Fähigkeit vertieft, auch unangenehme Empfindungen anzunehmen, auszuhalten und Widerstände abzubauen. Denn für viele von uns sind Yin Yoga Asanas durchaus mit Unbequemlichkeit verbunden.

Die Atmung beim Yin Yoga und Vinyasa Yoga: Qi Flow vs. Prana Flow

Die Atmung ist der Schlüssel zu jeder Yogapraxis. Sie lehrt uns im Moment zu sein und achtsam das richtige Maß zu finden.

Im Vinyasa Yoga verbinden wir die Bewegungen des Körpers mit unserer Atmung. Mit der Einatmung heben wir beispielsweise die Arme und finden Länge im Körper. Mit der Ausatmung beugen wir uns nach unten oder nach vorne und lassen los. Wir nutzen den Atem um unser „Prana“, unsere Lebensenergie, in bestimmte Richtungen zu lenken und freizusetzen. In der Vinyasa Yogapraxis nutzen wir das „Ujjayi-Pranayama“, den siegreichen Atem, um unsere Atmung zu verlängern und zu regulieren. Die Länge und Intensität der Atemzüge sollte immer gleich bleiben, auch wenn es anstrengend wird.

Beim Yin Yoga wollen wir unsere Atmung auch frei und gleichmäßig gestalten, damit das „Qi“ – die Lebensenergie oder Lebenskraft – in unseren Energiebahnen, den sogenannten Meridianen, fließen und uns nähren kann. Falls du als leidenschaftliche Vinyasa-Yogini nicht ohne dein Ujjayi-Pranayama kannst, ist das gar kein Problem. Denn in einer sanften Ausführung ist die Ujjayi-Atmung auch beim Yin Yoga hilfreich, um den Geist zu beruhigen und ein energetisches Gleichgewicht zu schaffen. Du kannst deine natürliche Atmung allerdings auch ruhig fließen lassen.

In beiden Yogastilen nutzen wir den Atem also unter anderem, um durchlässig zu werden, sodass die Energie im Körper frei fließen kann – egal ob sie nun „Prana“ oder „Qi“ heißt.

Körperlicher Trainingsfokus beim Yin Yoga und Vinyasa Yoga: Yin Strukturen vs. Yang Strukturen

Vinyasa Yoga ist im Vergleich zum Yin Yoga eher „yang“, also dynamisch, aktiv und warm. Mit dieser Yogapraxis stimulieren wir in erster Linie unsere Yang-Strukturen im Körper: unsere Muskeln. Diese werden durch die rhythmischen Bewegungen, Wiederholungen und die kürzere Dauer der Haltungen gezielt gestärkt und verlängert.

In einer Yin Yoga-Stunde dagegen kommt es zu keiner Erwärmung und damit Beanspruchung der Muskeln im herkömmlichen Sinne. Wir üben „yin“, um die Yin-Strukturen wie Bänder und Gelenke im Körper zu stimulieren. Diese Strukturen sind weniger elastisch und haben einen geringeren Flüssigkeitsanteil als Yang-Strukturen. Sie können sich weniger dehnen und verlängern und müssen daher sanft und für eine gewisse Zeit gezogen und wieder zusammengedrückt werden, um geschmeidig zu bleiben.

Trotzdem werden beim dynamischen Yoga auch Yin-Strukturen und beim Yin Yoga die Yang-Strukturen mit stimuliert. Allerdings fließt die Energie stärker in die Strukturen, die explizit durch den jeweiligen Übungsstil angesprochen werden.

Yin Yoga oder Vinyasa Yoga? Was brauchst du und was passt zu dir?

Ein Leben in Balance bedeutet, die Yin- und Yang-Elemente zu harmonisieren. Diese beiden, sich ergänzenden Kräfte gehören immer zusammen und sind miteinander verwoben. Sie symbolisieren die beiden Polaritäten, die allem innewohnen. Es kann kein reines Yin und kein reines Yang geben. Yoga gibt uns die Möglichkeit, beide Kräfte in uns zu harmonisieren.

Die meisten von uns verleben ihre Tage eher im Yang. In unserer Gesellschaft stehen das Streben nach immer höheren Zielen, harte Arbeit, das Erschaffen und Erreichen sehr im Vordergrund. Dabei wird oft vergessen, dass das Pausieren, Innehalten, Geschehen lassen und Reflektieren genau so wichtig sind, um nicht auszubrennen und gesund zu bleiben.

Beim Yoga lernen wir, den Blick nach innen zu richten und sensibel unsere Bedürfnisse zu erspüren. Diese Feinfühligkeit ermöglicht es uns, je nach Lebensrhythmus und Umstand die angemessene und ausgleichende Yogapraxis zu wählen.

Sicherlich ist es auch eine Geschmacksfrage. Vielleicht fällt es dir einfacher deinen Geist zu beruhigen, indem du herausfordernde Armbalancen in einer schweißtreibenden Vinyasa-Klasse übst. Oder du genießt lieber die Ruhe, während du dich passiv einer erdenden Yin-Position hingibst und dabei einer Geschichte lauschst. Am besten probierst du beide Stile aus und mit wachsender Achtsamkeit durch deine Übungspraxis wirst du immer genauer erspüren können, welcher Stil wann genau der richtige für dich ist.

Fazit Yin Yoga vs. Vinyasa Yoga: Same same but different

Wer schon mal in Asien war, kennt den Satz „Same same but different“. So sehe ich Yin Yoga und Vinyasa Yoga im Vergleich. Natürlich üben wir komplett unterschiedlich und sprechen unterschiedliche Strukturen im Körper an, aber im Endeffekt ist es Yoga. Beim Yoga geht es für mich immer darum zu atmen, achtsam zu üben und die Gedanken zur Ruhe zu bringen.

Yin Yoga und Vinyasa Yoga ergänzen sich perfekt auf allen Ebenen. Deshalb ist es sinnvoll, für eine ausgeglichene Yogapraxis beide Yogastile zu üben. In meinem Leben sind sie die Grundlage für ganzheitliches Wohlbefinden auf körperlicher und geistiger Ebene. Denn wenn Körper und Geist in Harmonie sind, entwickelt sich ein tiefgehendes und ganzheitliches Wohlbefinden.

Ich wünsche dir viel Freude beim Üben! Ganz egal bei welchem Yoga. 🙂

Video 1: Wie du Yin Yoga praktizierst:

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Video 2: Was du für Yin Yoga zu Hause brauchst:

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Video 3: Yin Yoga für die Schultern:

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Zu dem dritten Video kannst du die Spotify Playlist: Yin Yoga für die Schultern anhören.

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